Regenballade
Achim Reichel Lyrics


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Ich kam von meinem Wege ab
Weil es so nebeldunstig war
Der Wald war feuchtkalt wie ein Grab
Und Finger griffen in mein Haar
Ein Vogel rief so hoch und hohl
Wie wenn ein Kind im Schlummer klagt
Und ich stand still, ich wusste wohl
Was man von diesem Walde sagt!

Dann setzt ich wieder Bein vor Bein
Und komm' so gemach vom Fleck
Und quutsch' im letzten Abendschein
Schwer vorwärts durch Morast und Dreck
Es nebelte, es nieselte
Es roch nach Schlamm, verfault und nass
Es raschelte und rieselte
Und kroch und sprang im hohen Gras

Auf einmal, eh ich's mich versehen
Bin ich am Strom, im Wasser schier
Am Rand bleib ich erschrocken stehen
Fast netzt die Flut die Sohle mir
Das Röhricht zieht sich bis zum Tann
Und wiegt und wogt so weit man blickt
Und flüstert böse ab und an
Wenn es im feuchten Windhauch nickt

Da saß ein Kerl! Weiß Gott, mein Herz
Stand still als ich ihn sitzen sah
Ich sah ihn nur von hinterwärts
Und er saß klein und ruhig da
Saß in der Nebeldämmerung
Die Angelrute ausgestreckt
Als ob ein toter Weidenstrunk
Den dürren Ast gespenstig reckt

„He, Alter!“ ruf ich, „beißt es gut?“
Und sieh, der Baumstamm dreht sich um
Und wackelt mit dem runden Hut
Und grinst mit spitzen Zähnen stumm
Und spricht, doch nicht nach Landesart
Wie Entenschnattern, schnell und breit
Kommt's aus dem algengrünen Bart
„Wenn's regnet, hab' ich gute Zeit“

„So scheint es“, sag ich und ich schau
In seinen Bottich neben ihm
Da wimmelt's blank und silbergrau
Und müht sich mit zerfetzten Kiem
Aale, die Flossen zart wie Flaum
Glotzäugig Karpfen mittendrin
Ich traue meinen Augen kaum
Wälzt eine Natter sich darin

„Ein seltenes Fischlein, Alter, Traun“
Da springt er forsch behebend empor
„Die Knorpel sind so gut zu kauen“
Schnattert er listig mir ins Ohr
„Gewiss seit ihr zur Nacht mein Gast
Wo wollt ihr heute auch noch hin?
Nur zu, den Bottich angefasst
Genug ist für uns beide drin“

Und richtig watschelt er vorauf
Patsch, patsch, am Uferrand entlang
Und wie im Traume heb' ich auf
Und schleppe hinterdrein den Fang
Und krieche durch den Weidenhang
Der eng den Rasenhang umschmiegt
Wo, tief verborgen selbst am Tag
Die schilfgebaute Hütte liegt

Da drinnen ist nicht Stuhl, nicht Tisch
Der Alte sitzt am Boden platt
Es riecht nach Aas und totem Fisch
Ich werd' vom bloßen Atmen satt
Er aber greift frisch in den Topf
Und frisst die Fische kalt und roh
Packt sie am Schwanz, beißt ab den Kopf
Und knirscht und schmatzt im dunkeln froh

„Ihr esst ja nicht, Herr, das ist nicht recht“
Die Schwimmhand klatscht mich fett aufs Knie
„Ihr seid vom trockenen Geschlecht
Ich weiß, die Kerle essen nie
Ihr seid bekümmert, sprecht doch aus
Womit ich euch erfreuen kann?“
„Ja“, klappre ich: „ich will nach Haus'
Aus dem verfluchten Schnatermann“

Da hebt der Kerl ein Lachen an
Es klang nicht gut, mir wurde kalt
„Was wisst denn Ihr vom Schnatermann?“
„Ja“, sag ich stur, „so heißt der Wald“
„So heißt der Wald?“ nun geht es los
Er grinst mich grün und phosphorn an
„Du dürrer Narr, was weißt du bloß
Vom Schnater-Schnater-Schnatermann?“

Und schnater-schnater, klitsch und klatsch
Der Regen peitscht mir ins Gesicht
Quatsch durch den Sumpf, hoch spritzt der Matsch
Ein Stiefel fehlt, ich acht' es nicht
Und schnater-schnater um mich her
Und Enten-Unken-Froschgetön
Möwengelächter irr und leer
Und tief ein hohles Windgestöhnen

Des and'ren Tags saß ich allein
Nicht weit vom prasselnden Kamin
Und lies mein schwer gekränkt Gebein
Wohlig vom heißen Grog durchziehen
Wie golden war der Trank, wie klar
Wie edel war sein starker Duft




Ich blickte nach dem Wald, es war
Noch sehr viel Regen in der Luft

Overall Meaning

The lyrics of Achim Reichel's "Regenballade" tell a story of a man who veers off his path into a foggy forest which is eerie, full of eerie sounds, and described to be as wet and cold as a grave. The man encounters a mysterious figure sitting on the bank of a river which is full of rare fish. The strange figure is eating these fish raw and invites the man to stay with him. When the man expresses his desire to leave and return home, he is mocked by the figure, who reveals himself to be the Schnattermann, the spirit of the forest. The man is consumed by the eerie sounds of the forest as he stumbles back through the swamp and mud, losing his boot in the process. The following day, he is grateful to be back by the fire with a hot drink, looking out at the still rainy forest.


The forest in which the man finds himself lost in "Regenballade" is full of symbolism. Through the eerie sounds and haunting atmosphere, Reichel evokes a sense of danger and foreboding, hinting at the ancient myths surrounding the German forest. The Schnattermann embodies the forest spirit, a recurring figure in Germanic folklore. The river full of rare fish could also reference mythical creatures, such as water nymphs or even dragons. Furthermore, the forest itself could symbolize man's struggle with nature.


Line by Line Meaning

Ich kam von meinem Wege ab
I deviated from my path


Weil es so nebeldunstig war
Because it was so foggy


Der Wald war feuchtkalt wie ein Grab
The forest was moist and cold like a grave


Und Finger griffen in mein Haar
And fingers reached into my hair


Ein Vogel rief so hoch und hohl
A bird cried out so high and hollow


Wie wenn ein Kind im Schlummer klagt
Like when a child complains in their sleep


Und ich stand still, ich wusste wohl
And I stood still, I knew well


Was man von diesem Walde sagt!
What they say about this forest!


Dann setzt ich wieder Bein vor Bein
Then I set one leg in front of the other


Und komm' so gemach vom Fleck
And come along at a leisurely pace


Und quutsch' im letzten Abendschein
And trudge in the last evening glow


Schwer vorwärts durch Morast und Dreck
Heavily forward through mud and dirt


Es nebelte, es nieselte
It fogged, it drizzled


Es roch nach Schlamm, verfault und nass
It smelled of mud, rotten and wet


Es raschelte und rieselte
It rustled and trickled


Und kroch und sprang im hohen Gras
And crawled and jumped in the tall grass


Auf einmal, eh ich's mich versehen
Suddenly, before I realized it


Bin ich am Strom, im Wasser schier
I'm at the river, almost in the water


Am Rand bleib ich erschrocken stehen
I stop in shock at the edge


Fast netzt die Flut die Sohle mir
The tide almost wets my soles


Das Röhricht zieht sich bis zum Tann
The reeds stretch to the fir tree


Und wiegt und wogt so weit man blickt
And sways and waves as far as the eye can see


Und flüstert böse ab und an
And whispers evil every now and then


Wenn es im feuchten Windhauch nickt
When it nods in the moist breeze


Da saß ein Kerl! Weiß Gott, mein Herz
There sat a chap! My heart, God knows


Stand still als ich ihn sitzen sah
Stopped when I saw him sitting


Ich sah ihn nur von hinterwärts
I only saw him from behind


Und er saß klein und ruhig da
And he sat small and calm


Saß in der Nebeldämmerung
Sat in the twilight of the fog


Die Angelrute ausgestreckt
With his fishing rod extended


Als ob ein toter Weidenstrunk
As if a dead willow trunk


Den dürren Ast gespenstig reckt
Stretched out the skinny branch like a ghost


"He, Alter!" ruf ich, "beißt es gut?"
"Hey, old man!" I shout, "Is it biting well?"


Und sieh, der Baumstamm dreht sich um
And lo and behold, the tree trunk turns around


Und wackelt mit dem runden Hut
And wiggles with the round hat


Und grinst mit spitzen Zähnen stumm
And grins silently with sharp teeth


Und spricht, doch nicht nach Landesart
And speaks, but not in the local manner


Wie Entenschnattern, schnell und breit
Like the quacking of ducks, fast and loud


Kommt's aus dem algengrünen Bart
Comes from the algae-green beard


"Wenn's regnet, hab' ich gute Zeit"
"When it rains, I have a good time"


"So scheint es", sag ich und ich schau
"So it seems", I say as I look


In seinen Bottich neben ihm
Into his tub next to him


Da wimmelt's blank und silbergrau
It teems with shining silver-gray


Und müht sich mit zerfetzten Kiem
And struggles with torn gills


Aale, die Flossen zart wie Flaum
Eels, with fins as delicate as down


Glotzäugig Karpfen mittendrin
Wide-eyed carp in their midst


Ich traue meinen Augen kaum
I can hardly believe my eyes


Wälzt eine Natter sich darin
A snake rolls around in it


"Ein seltenes Fischlein, Alter, Traun"
"A rare little fish, old man, I swear"


Da springt er forsch behebend empor
He jumps up confidently


"Die Knorpel sind so gut zu kauen"
"The cartilage is so good to chew"


Schnattert er listig mir ins Ohr
He cunningly chatters in my ear


"Gewiss seit ihr zur Nacht mein Gast
"Certainly, you'll be my guest tonight


Wo wollt ihr heute auch noch hin?
Where else do you want to go today?


Nur zu, den Bottich angefasst
Go ahead, touch the tub


Genug ist für uns beide drin"
There's enough for the both of us"


Und richtig watschelt er vorauf
And indeed, he waddles ahead


Patsch, patsch, am Uferrand entlang
Squish, squish, along the edge of the bank


Und wie im Traume heb' ich auf
And as if in a dream, I pick up


Und schleppe hinterdrein den Fang
And drag the catch behind me


Und krieche durch den Weidenhang
And crawl through the willow slope


Der eng den Rasenhang umschmiegt
Which tightly embraces the grassy slope


Wo, tief verborgen selbst am Tag
Where, deeply hidden even during the day


Die schilfgebaute Hütte liegt
The reed-built hut lies


Da drinnen ist nicht Stuhl, nicht Tisch
There is neither chair nor table inside


Der Alte sitzt am Boden platt
The old man sits on the ground


Es riecht nach Aas und totem Fisch
It smells of carrion and dead fish


Ich werd' vom bloßen Atmen satt
I become sated just by breathing


Er aber greift frisch in den Topf
But he reaches into the pot


Und frisst die Fische kalt und roh
And eats the fish cold and raw


Packt sie am Schwanz, beißt ab den Kopf
Grabs them by the tail, bites off the head


Und knirscht und schmatzt im dunkeln froh
And grinds and smacks happily in the dark


"Ihr esst ja nicht, Herr, das ist nicht recht"
"You're not eating, sir, that's not right"


Die Schwimmhand klatscht mich fett aufs Knie
The wet hand smacks me fat on the knee


"Ihr seid vom trockenen Geschlecht
"You're from the dry gender


Ich weiß, die Kerle essen nie
I know, the fellows never eat


Ihr seid bekümmert, sprecht doch aus
You're troubled, speak up


Womit ich euch erfreuen kann?"
How I can please you?"


"Ja", klappre ich: "ich will nach Haus'
"Yes", I clatter: "I want to go home'


Aus dem verfluchten Schnatermann"
From the damn Schnaterman"


Da hebt der Kerl ein Lachen an
Then the guy starts to laugh


Es klang nicht gut, mir wurde kalt
It didn't sound good, I felt cold


"Was wisst denn Ihr vom Schnatermann?"
"What do you know about the Schnaterman?"


"Ja", sag ich stur, "so heißt der Wald"
"Yes", I stubbornly say, "that's what the forest's called"


"So heißt der Wald?" nun geht es los
"That's what the forest's called?" now it starts


Er grinst mich grün und phosphorn an
He grins at me green and phosphorus


"Du dürrer Narr, was weißt du bloß
"You skinny fool, what do you know


Vom Schnater-Schnater-Schnatermann?"
About the Schnater-Schnater-Schnaterman?"


Und schnater-schnater, klitsch und klatsch
And schnater-schnater, splash and splat


Der Regen peitscht mir ins Gesicht
The rain lashes against my face


Quatsch durch den Sumpf, hoch spritzt der Matsch
Squish through the swamp, the mud splashes high


Ein Stiefel fehlt, ich acht' es nicht
One boot is missing, I don't care


Und schnater-schnater um mich her
And schnater-schnater around me


Und Enten-Unken-Froschgetön
And duck-toad-frog noise


Möwengelächter irr und leer
Seagull laughter strange and empty


Und tief ein hohles Windgestöhnen
And deep, hollow wind groaning


Des and'ren Tags saß ich allein
The next day I sat alone


Nicht weit vom prasselnden Kamin
Not far from the crackling fireplace


Und lies mein schwer gekränkt Gebein
And let my heavily wounded bones


Wohlig vom heißen Grog durchziehen
Comfortably soak in the hot grog


Wie golden war der Trank, wie klar
How golden was the drink, how clear


Wie edel war sein starker Duft
How noble was its strong aroma


Ich blickte nach dem Wald, es war
I looked at the forest, it was


Noch sehr viel Regen in der Luft
Still a lot of rain in the air




Lyrics © BMG Rights Management
Written by: Achim Reichel, Ina Seidel

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Comments from YouTube:

Josephus von Milet

Mein Vater hatte das Lied auf Vinyl, als Kind war es für mich immer wie ein Horrorfilm zum hören. Noch heute lieben ich das Lied weil es herrlich unheimlich und stimmungsvoll ist.

Thomas Schmidt

Immer noch Gänsehaut !!! Klasse.

Jens Jänicke

Lieber Achim... ohne deine Musik bin ich arm!
Danke!!!!

Doerthe Manahan

Wieder ein Song, der einem in die Knochen geht. Fantastische Lieder! Ich bin alte Hamburgerin, lebe seit 52 Jahren in Michigan und deine Musik ist mir ein Stueck Heimat geworden.

wolfgang boettcher

Klasse Wangen

1 More Replies...

DerDudemitHut

Großartige Vertonung!

Bärbel Behrendt

Einfach nur schön. Danke!!

Thomas Nöbbe

Ich höre deine Musik solange ich denken kann ich bin 60 🎆

Kathrin Erfurt

Cool...ich mag diese Musik auch sehr.

TEI WAZ

Wunderschöne Interpretation.... Die Beste.....

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